Die neue Pfarrbibliothek

Die Entstehung der neuen Pfarrbibliothek

Foto: Walter Lautwein

Trotz der Aufhebung des Klosters Eberhardsklausen im Jahre 1802 und der damit ver­bun­denen Auf­lösung der Klosterbibliothek, wurde der Bibliotheksraum auch weiterhin als solcher genutzt, und zwar nunmehr zur Aufbewahrung der Pfarrbibliothek. Garant dieser Kontinuität war Karl Kaspar Lintz (1752–1819), der letzte Propst des Klosters, der mit der Neugründung der Pfarrei auch erster Pfarrer von Klau­sen wurde. Aus diesem Grund ließen die Franzosen noch mindestens 75 Bände des ehemaligen Klosters zurück, die den Grundstock der neuen Pfarrbibliothek bildeten.

Neben diesen Resten aus der Klosterzeit waren es vor allem die Klausener Seelsorger zwischen 1802 und 1952, d. h. vor allem die Pfarrer Heinrich Klein (1787–1846) Richard Heinrich Fisch (1830–1906) oder Franz Eckert (1864–1952), die für die Vergrößerung der Bibliothek sorgten. Neben den Klausener Pfarrern lassen sich auch viele auswärtige Gönner bzw. Vor­be­sitzer nachweisen, unter denen sich viele Geistliche – darunter Mitglieder des Trierer Domkapitels und Professoren der Universität bzw. des Priesterseminars in Trier –finden. Zu den früheren Besitzern gehören aber auch Klöster aus der Region, die im Rahmen der Säkularisation zu Beginn des 19. Jahrhunderts aufgelöst und deren Bibliotheken verkauft oder versteigert wurden. So wird z. B. in der heutigen Klausener Pfarrbibliothek noch eine sechsbändige Augustinus-Ausgabe (Paris: Guillaume Merlin et Sébastien de Nivelles, 1571) aufbewahrt, die aus dem Franziskanerkonvent in Wittlich stammte. Der wohl bedeutendste Stifter war allerdings Pfarrer Johannes Steffen (1788-1850) aus der Moselgemeinde Kinheim (Kr. Bernkastel-Wittlich), der der Pfarrbibliothek von Klausen seine private Buchsammlung mit über 200 Titeln testamentarisch hinter­ließ.

Welche Bücher werden in der Pfarrbibliothek aufbewahrt?

Foto: Walter Lautwein

Insgesamt lassen sich heute noch ca. 2.525 Bände mit über 2.868 Titeln in der Klausener Pfarrbibliothek nachweisen. Neben 5 Inkunabeln bzw. Wiegendrucke aus dem 15. Jahrhun­dert, 60 Titeln des 16. Jahrhunderts und 223 Titeln des 17. Jahrhunderts stammen die meisten Titel, aus dem 18. (912 Titel), 19. (1058 Titel) und 20. Jahrhundert (610 Titel).

Inhaltlich dominieren erwartungsgemäß die theologischen Schriften, darunter vor allem Werke der praktischen Theologie (Pastoraltheologie, Predigtlehre, Katechetik usw.), also alltäg­liche Hilfen für die Pfarr- und Wallfahrtsseelsorge, aber auch theologische Zeitschriften und Jahrbücher sowie Grundlagenwerke der systematischem Theologie (Fundamentaltheo­logie, Dogmatik, Moraltheologie usw.).

Mit großem Abstand landen die kirchen- und profangeschichtlichen Werke auf dem zweiten Platz. Hierunter befinden sich erstaunlich viele politische Schrif­ten aus der Zeit des Kultur­kampfes (1871–1887), an denen deutlich wird, wie politisch interessiert die katholische Geistlichkeit selbst in der eher ländlich geprägten Region des Eifel-Mosel-Raumes war und wie sehr man mit der Lektüre solcher Schiften passiven Widerstand gegen die preußische Staatsmacht leistete.

In großer Anzahl sind u. a. auch juristische Werke, literarische und sprachliche Schriften und regionale Abhandlungen in der Pfarrbibliothek vorhanden, unter denen besonders viele Titel zu den Trierer Heilig-Rock-Wallfahrten sowie Literatur zur Klausener Geschichte und Wallfahrt nachweisbar sind. Relativ wenige Titel verteilen sich auf andere Sachgruppen wie Medizin, Geographie, Kunstgeschichte usw. Bei der Pfarrbibliothek von Klausen handelt es sich daher um eine in dieser Form einzigartige historische Sammlung, deren Buchbestände Aus­kunft geben, über die Leseinteressen und Geisteshaltung des ländlichen Klerus zwischen Pfarr- und Wallfahrtsseelsorge.

Besondere Schätze

Neben der Klausener Pfarrbibliothek als Gesamtensemble findet sich darin allerdings noch eine Reihe bibliophiler Schätze, die von großem Wert sind. Hierzu gehören u. a.

  • eine Handschrift aus dem ersten Drittel des 16. Jahrhunderts: Johannes Chrysos­tomus (Ps.): Sermones XVI in Iob de patientia et de poenitentia, in der lat. Über­setzung des Laelius Tyfernas († nach 1483) (Nr. 23)
  • fünf Wiegendrucke aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, wie z. B. Antoninus von Florenz: Summa Theologiae, pars IV; Nürnberg: Anton Koberger, 1487 (GW 2189) mit hebräischen Einbandfragmenten aus dem 14. Jahrhundert (Nr. 13)
  • seltene Drucke aus der Geschichte Klausens, wie z. B. das ‚Neu Mirackel- unnd Gnaden-Büchlein der schmertzlich- unnd wunderthätiger Mutter Iesu zu Eberhardts-Clausen sonderlicher Patronin, Zuflucht und Hülfferin der Betrangten‘, Trier: Hubert Reulandt, 1640 (Nr. 20)
  • eine der ersten historischen Abhandlungen zur Geschichte Triers mit vielen wertvollen Kupferstichen: Christoph Brower / Jacob Masen: Antiquitatum et Annalium Trevirensium, 2 Bde., Lüttich: Johannes Matthias Hovius 1670 (Nr. 19 und 601)

Nach dem Tod von Pfarrer Franz Eckerts im Jahre 1952 gerieten die Bibliothek und ihre Bestände allerdings wei­test­gehend in Vergessenheit und verfielen zunehmend. Mit der Restaurierung des Raumes durch den Denkmal­schutz und der Gründung des ‚Freun­deskreises der alten Kloster­bib­liothek der Augustiner-Chorherren e. V.‘ im Jahre 1999 geriet die Bibliothek erst wieder in den Fokus der Öffentlichkeit. Eine der vordringlichen Aufgaben des Freundeskreises ist es, sich zusammen mit der Pfarrgemeinde Klausen um den Erhalt, die Erschließung und die Erforschung dieses für Klausen, die Region und das Land Rheinland-Pfalz wertvollen Kulturgutes zu kümmern.

Literatur (Auswahl)

Bossmann (2001); Brösch (2012); Embach (2003a); Schruff (2003); Schruff / Brösch (2005); Schruff (2006)

Marco Brösch (Stand: Januar 2018)

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